LOKALES MAGDEBURG   SEITE 17 | FREITAG 22. DEZEMBER 2017

Berufsschüler wollen nicht vergessen
Zwei Klassen der BbS „Eike von Repgow“ unterstützen den Arbeitskreis „Stolpersteine für Magdeburg“
Seit mittlerweile zehn Jahren engagiert sich der Arbeitskreis „Stolpersteine für Magdeburg“ für das Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus. Zwei Klassen der Berufsbildenden Schule „Eike von Repgow“ wollen der Gruppe helfen und lernen, Projekte zu managen.
Von Bianca Oldekamp


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Vor dem Start des Projekts informierte Waltraut Zachhuber (r.) die Schüler der Klassen IK15 und KDM16 der BbS „Eike von Repgow“ über den Arbeitskreis und die Stolpersteine. Foto: Madelin Behrens

Magdeburg l Gegründet wurde der Arbeitskreis „Stolpersteine für Magdeburg“ im Jahr 2007. In den zehn Jahren ihres Bestehens verlegte die Gruppe knapp 450 dieser Steine. Mit einer Größe von rund zehn mal zehn Zentimetern erinnern die Betonsteine mit Messingplatte an Magdeburger, die Opfer des Nationalsozialismus wurden. Die Stolpersteine, beschriftet mit Namen, biografischen Daten der Opfer und dem Zeitpunkt und -ort ihrer Deportation, werden an der Stelle verlegt, an der die verstorbenen Personen zuletzt wohnten oder wirkten.
Bei seinen Bemühungen wird der Arbeitskreis um Waltraut Zachhuber finanziell unterstützt. Neben Spenden für die Stolpersteine gibt es auch solche, die direkt an den Arbeitskreis gehen. Auch die Klassen IK15 (Industriekaufleute) und KDM16 (Kaufleute für Dialogmarketing) der Berufsbildenden Schule (BbS) „Eike von Repgow“ helfen jetzt. Die Idee dazu stammt von Lehrer Bodo Buchholz. Schon zuvor hatten Schüler Gelder für neue Stolpersteine gesammelt und an Putzaktionen teilgenommen.

Spenden sammeln für den Arbeitskreis
Dieses Mal wollen die Schüler allerdings nicht für einzelne Steine sammeln, sondern die Arbeitsgruppe direkt unterstützen. Das soll im Rahmen eines Projekts geschehen, das ohnehin Teil ihres Lehrplans ist: Theorie und Praxis werden so sinnvoll verknüpft. Zunächst hatten die Schüler Waltraut Zachhuber vom Arbeitskreis eingeladen. Sie stellte ihnen ihre und die Arbeit ihrer Mitstreiter vor. Schnell wurde klar: Die Schüler wollen ihr Projekt für den Stolperstein-Arbeitskreis umsetzen.
Gemeinsam erarbeiteten die Schüler einen Projektstrukturplan und teilten die anstehenden Aufgaben untereinander. Neben einem Team, das die Projektleitung übernimmt, wurden unter anderem eines für das aktive Sammeln von Spenden gebildet und eines, das sich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert, gegründet – ähnlich wie bei der Erstellung eines Projekts im echten Berufsalltag. Über 300 Euro an Spendengeldern für den Arbeitskreis konnten die Schüler durch zwei Kuchenverkaufsaktionen auf dem Schulhof bereits zusammentragen.

Stand auf der Meile der Demokratie
Im Januar nehmen die Klassen dann noch an der Meile der Demokratie mit einem eigenen Stand teil. Geplant sind mehrere Aktionen. Neben einem Dokumentarfilm erwartet Standbesucher ein Wissensspiel und Stolpersteinkarten, die sie mit Wünschen beschriften und an einem Heliumballon in den Himmel steigen lassen können. „Wir hoffen, dass einige Karten zurückgesendet werden, und sind gespannt, wie weit die Ballons kommen“, sagt Schülerin Jenny Jäger.
Auch an der nächsten Stolpersteinputzaktion wenige Tage vor der Meile der Demokratie, die am Sonnabend, 20. Januar, rund um den Breiten Weg veranstaltet wird, wollen die Schüler teilnehmen. Das Engagement vieler Schüler um ihr Projekt geht über die Schulzeit hinaus. „Es macht einfach Spaß“, sagt Schülerin Lisa Alex.
Die letzten 28 Stolpersteine in Magdeburg wurden Mitte November dieses Jahres verlegt. Nach der ersten Verlegung von 13 Stolpersteinen am 18. März 2007 war dies das 24. Mal, dass der Arbeitskreis in Magdeburg Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus in Gehwege einbrachte.
Der erste Stolperstein in Deutschland wurde 1992 vom Kölner Künstler Gunter Demnig gesetzt. Seit 2007 verlegt er die Steine mit dem Arbeitskreis auch in Magdeburg. Ein Stein kostet 120 Euro. Hinzu kommen 25 Euro für die Dokumentation in einem „Magdeburger Gedenkbuch“, das möglichst viele Angaben über Leben und Schicksal der ermordeten Menschen aufnimmt. Das Buch wird zusammengetragen von Vereinen, Initiativen, Schulklassen sowie Einzelpersonen und widmet sich der Spurensuche nach dem Lebensweg der Ermordeten.

Nächste Verlegung im Oktober 2018
Finanziert werden die Steine ausschließlich durch Spenden. Erst vor kurzem konnte sich der Arbeitskreis über eine neue Spende freuen. Mitglieder des Verdi-Ortsvereins Magdeburg/Schönebeck sammelten in der Vereinshütte auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt insgesamt 250 Euro für zwei neue Stolpersteine.Die nächste Verlegung der Stolpersteine soll im Oktober 2018 stattfinden. Verdi übernimmt die Finanzierung der Steine für das Ehepaar Max und Thekla Gabriel, deren Steine in der heutigen Gareisstraße verlegt werden.